ZC Aumühle-Sachsenwald | Gründungspräsidentin 30 Jahre bei Zonta

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Rückschau auf bewegende 30 Jahre Mitgliedschaft bei Zonta-International 

Davon verbrachte ich 25 Jahre in Paris, berufsbedingt durch den Wechsel meines ZDF-Ehemannes in die französische Metropole. Ich begleitete ihn als Korrespondentin für die WELT am SONNTAG. So aufregend wie mein Einstieg bei Zonta war, verliefen auch die folgenden Jahre: Eine Empfehlung von Hildegard Lorentzen, Präsidentin des deutsch-amerikanischen Clubs in Wiesbaden, brachte mich in das Pariser Haus von France de la Chaise-Mutin, einer ehrfurchtsvoll respektierten Zonta-Persönlichkeit. Sie hatte es bis zur Welt-Präsidentin von Zonta International gebracht, zur "president international" und regierte ähnlich wie ein General. Im zweiten Weltkrieg spielte sie eine bedeutende Rolle beim "Croix Rouge". Die Franzosen nannten sie achtungsvoll P.I.P., denn sie war inzwischen eine "past international president".

 

Und nun hatte ich ihren Brief erhalten. Sie lud mich zum Abendessen ein. Da geht einem einiges durch den Kopf, doch Vorfreude und natürlich ordentliches Herzklopfen überwogen schließlich, als ich ihren Namen am Klingelbrett ihres mehrstöckigen Hauses suchte. Fehlanzeige. In Paris schreibt fast ausnahmslos niemand seinen Namen an die Tür,  Anonymität hat Priorität. Ich wartete beklommen vor dem eleganten Altbau, Besitz der Adelsfamilie meiner Gastgeberin. Und hatte Glück. Zwei andere Damen näherten sich, ich ging auf sie zu, stellte mich vor und erklärte, zu wem ich wollte und dass ich den Tür-Code nicht kannte. Sie lachten herzhaft und nickten. Na dann wüßten sie schon, dass es sich um die "Neue aus Deutschland" handeln müsse. Sie wollten auch zu dem Club-Treffen ihrer Zontians und nahmen mich einfach mit. Wir sind bis heute Freundinnen geblieben. Als wir im dritten Stock aus dem klapprigen Fahrstuhl mit Scherengitter stiegen, begegnete mir ein bekannter Duft. "Sauerkraut", lachte die P.I.P. bei der Begrüssung, "hat meine Köchin extra für Sie gekocht".

 

Es wurde ein lustiger Abend mit über 20 Zontians aus dem Club "Paris I", dem ältesten Z-Club von Frankreich. Der Hausherr liess sich auch immer öfter blicken, denn er brachte Wein nach. Die bauchigen Flaschen ohne Etikett erregten meine Neugier, und ich erfuhr:  Monsieur hatte im Keller mehrere Weinfässer aus dem familieneigenen Weingut gelagert. Damit er nicht die vielen Treppen überwinden musste, liess er sich eine Pumpe einbauen, die seinen Wein vom Keller direkt in die Küche vom 3. Stock beförderte. "Chapeau!" entfuhr es mir, es ist das netteste französische Wort für Anerkennung, das mir einfiel, denn hier erlebte ich eines von vielen Beispielen für "art de vivre" - Lebensart.

 

Kennengelernt habe ich auch das "Schreckgespenst" der Franzosen, das Misstrauen gegen die Deutschen, die einst Paris besetzt hatten und mit ihren schweren Soldatenstiefeln über die Champs-Elysées getrampelt waren. Selbst nach 25 Jahren kam es immer wieder vor, dass bei den sympathischsten älteren Freunden nach einem wunderbaren 5-Gänge-Menü mit erlesenen Weinen der II. Weltkrieg zum Thema wurde. Nicht als Vorwurf, sondern in Form von Erlebnisberichten aus der Gefangenschaft in Deutschland, fast jede Familie war davon betroffen oder kannte andere. Doch mit zunehmendem Weinkonsum überwogen glücklicherweise die netten Erinnerungen an deutsche Familien, von denen die Gefangenen gut behandelt wurden und mit denen sie heute sogar freundschaftlich verbunden sind. Es ist eine der glücklichen Fügungen, dass es gerade die ehemaligen französischen Kriegsgefangenen waren, die - lange vor de Gaulle und Adenauer - auf die Deutschen zugingen, um ihnen Städte- Partnerschaften vorzuschlagen. Es gibt mittlerweile 2 200 "jumelages" zwischen deutschen und französischen Gemeinden.

 

Zurück zu meinem Pariser Zonta-Club. Die Eingliederung der „Deutschen“ ging ohne Schwierigkeiten vor sich. Monate später kam der Augenblick, als eine unserer ältesten Zontians, eine bekannte Familien-Richterin, mich anrief und fragte, ob wir uns treffen könnten. Es kam zu einer ausserordentlich freundschaftlichen Begegnung in einem Wein-Bistro,  in dem wir uns gegenseitig unsere Familien-Geschichten erzählten. Als Ehefrau eines Schlesien-Vertriebenen, dessen Vater als Kriegsgefangener in beiden Weltkriegen jahrelang in französischen Gefängnissen festgehalten worden war, konnte ich ebenfalls Kriegs-Elend in die Waagschale werfen. Jedenfalls sagte sie schliesslich, sie sei beauftragt worden, die Präsidentenfrage zu stellen. Ob ich das Amt bei der nächsten Wahl annehmen wolle. Ich war ziemlich verblüfft, ich hatte es nicht erwartet und sagte gerührt "ja". Aber die kalte Dusche kam kurze Zeit später. Niemand hatte an die Club-Statuten gedacht, geschweige denn sie gelesen. Doch nun hatte eine der Ältesten unseres Clubs gründlich nachgeschaut, und da stand tatsächlich, eine Ausländerin dürfe nicht Präsidentin eines französischen Clubs werden.

  

Wieder rief mich dieselbe Richterin an und sagte, sie müsse ihren Vorschlag leider zurücknehmen, schade, weil wir uns privat doch so näher gekommen seien. Ich schrieb noch an demselben Abend meine "démission", Austrittserklärung. Kurgefasste Begründung: in einem internationalen Service-Club seien für mich solche Regeln unannehmbar. Auweia, da ging ein Sturm los. Nun wurde ich bombardiert mit Bitten, im Club zu bleiben. Sie würden die Statuten ändern. Aber ich war zu sehr verletzt.

 

Die damalige Vice-Gouverneurin Simone Mirabel löste schliesslich den gordischen Knoten. Sie schlug mir vor, mit ihr zusammenzuarbeiten im Distrikt-Komitee für relations internationales. Aber eine Bedingung sei mit dem Amt verknüpft: Ich müsse wieder in einen Zonta-Club eintreten. In Paris gab es zu der Zeit 5 Clubs. Ich sollte in Ruhe überall "reinschnuppern". Die Angebote kamen schnell, ich entschied mich für "Paris Port Royal", dessen Präsidentin ich später wurde.

 

Als Mitglied des Distrikt-Komitees rief ich einen europäischen Video-Concours ins Leben mit dem Namen "Zonta Futur", es war im "Europa-Jahr" 1993. Wir luden Studenten aus ganz Europa ein ins Futuroscope bei Poitiers: das ist ein futuristischer Filmpark, vom damaligen Senatspräsidenten René Monory gegründet, der auch die Schirmherrschaft für unseren Zonta-Wettbewerb übernahm. Unsere Studenten interviewten mit Hilfe von gesponserten Filmkameras und Schneidetischen die Besucher des damals modernsten Filmparks von Europa. 10 Tage waren sie im Film-Fieber und wollten sich nach anfänglichen Mimositäten nicht mehr trennen! Mein Zonta-Club engagierte sich begeistert mit mir. Wir lösten uns planmässig in Poitiers ab, um die Studenten täglich zu begleiten.

Eine internationale Jury bestand aus France de la Chaise, der besagten P.I.P von "Paris I" , Wiese von Ofen (Past-Governor und Mutter von Christine Gerberding, unserer deutschen Past Area-Director). Danièle Mariotti, TV-Moderatorin und Chefredakteurin des frz. Fernsehens FR3, die von mir als Zonta-Mitglied unseres Clubs angeworben worden war. Sie leitete die "round table"-Diskussion. Das Medien-Echo war gross. Die Gewinner wurden eingeladen, ihre Videos auf der nächsten Distrikt-Konferenz in Lausanne vorzustellen.

 

Unser Service-Projekt  "Zonta Futur" existierte bis zu meinem letzten Tag in Paris. Wir haben unter diesem Label Nachwuchstalente aus allen beruflichen Bereichen gefördert. Es ist eine lange Story. Zum 25. Geburtstag  unseres Clubs wurden sie eingeladen. Sie kamen alle und hielten bewegende Reden über ihren Werdegang und die enorme Hilfe durch unseren Zonta-Club. Eine von ihnen ist heute eine angesehene Journalistin in Paris, sie sollte für ihren Studien-Abschluss eine Abhandlung über die Wiedervereinigung Deutschlands schreiben. Wir schickten sie nach Berlin, zu unserem Jumelage-Club. Der logierte sie nicht nur, sondern begleitete sie durch alle möglichen für sie relevanten Berufsbereiche. Und sie schloss ihr Studium mit einem ‚summa cum laude‘ ab.

 

Auf meine Anregung hin veranstalteten wir von Paris aus auch deutsch–französische Konzerte. Diese Konzerte mit Nachwuchstalenten gehören zu meinen schönsten Erlebnissen. Auch anspruchsvolle Pianisten-Grössen wie Yves Henry oder unser Wunderkind Justine Verdier,  im Alter von 11 Jahren für Zonta entdeckt, traten sowohl in Paris und Berlin auf. Zu einem dieser von meinem Club organisierten Konzerte im "Musée de la Vie Romantique" am Fusse des Montmartre, reiste eine Wiener Delegation der Dachorganisation der Chopin-Gesellschaften mit 40 Personen an. Zusammen mit unseren und anderen Zonta-Gästen eine stattliche Besucherzahl, die Kopfzerbrechen bereitete. In Deutschland ziemlich unmöglich, in einem Museum mit Original-Bildern aus der Romantik-Zeit ein Konzert zu veranstalten, und das noch auf einem wunderbaren restaurierten "Pleyel"-Flügel, der extra ins Museum transportiert werden musste. Aber es wurde ein grosser Erfolg.

In Berlin veranstalteten wir ein Konzert in der Spandauer Zitadelle mit "unseren" französischen und den deutschen Musik-Schützlingen. Überall wurden wir unterstützt von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. In der obersten Etage vom Axel-Springer-Haus empfing uns Friede Springer mit einem Super-Buffet und herzlichen Reden.

 

Die Partnerschaften und Treffen mit Rom und Berlin waren für meine Clubs die Hefe unserer internationalen Beziehungen.  Denn es kam zu Begegnungen, die über den Tag hinaus andauern. Entsprechend mussten wir uns anstrengen bei den Zonta-Gegenbesuchen in Paris. Ein "Programm für Fortgeschrittene" nannten es deswegen die Gäste, die dabei gewesen sind. Durch persönliche Beziehungen gelang es uns, einen Besuch "sous la Coupole" zu organisieren. So nennt man die Kuppel der Académie Francaise, wo seit 1635 Ludwig XIII. auf Initiative von Kardinal Richelieu die berühmtesten Köpfe der Zeit zu Mitgliedern ernannt worden sind. Als Wächter der französischen Kultur und Sprache werden sie "les immortels" genannt, denn ihren nummerierten Platz (fauteuil) unter der Kuppel behalten sie bis zu ihrem Lebensende. Erst nach ihrem Tode rückt ein neues Mitglied auf ihrem Sessel nach. Die Zahl ist auf 40 beschränkt. Darunter ist seit 1980 die erste Frau: Marguerite Yourcenar. Hier sassen wir nun mit unseren Berliner Zontians und hörten einen spannenden Vortrag auf den nummerierten Plätzen. Mein Sitz trug die Nummer 14. Später las ich nach: diesen fauteuil hatte unter anderen Victor Hugo 1841 zugesprochen bekommen.

Übrigens bekam ich tatsächlich auch einen Orden von der französischen Regierung:  "pour services rendus à la culture francaise". Für meine Bemühungen um die Kulturbeziehungen. In der Pariser Sorbonne wurde ich 1999 feierlich zum "Chevalier dans l'ordre des Palmes Académiques" ernannt, ein unvergesslicher Akt mit 250 Akademikern, die sich im Augenblick der Dekoration feierlich von ihren Plätzen erhoben. Der Orden wurde von Napoléon I kreiert, parallel zur "Légion d'honneur", dem anfangs rein militärischen Orden. Da die Akademiker militärische Orden verabscheuten, schuf Napoléon den Orden der "Palmes Académiques", mit dem Gelehrte und Kulturschaffende bis heute ausgezeichnet werden. 

 

In meine Pariser-Präsidentinnen-Zeit von 1996 bis 1999 fiel auch die Welt-Convention von Zonta International. 1998 trafen sich in Paris rund 3000 Zontians aus aller Welt. Die Eröffnungs-Parade mit den fahneschwenkenden Zontians der Zonta-Nationen wird mir für immer als grosses emotionales Erlebnis in meiner Erinnerung bleiben. Alle Pariser Clubs mussten sich bei der Organisation einbringen. Unser Club hatte im südfranzösischen Grasse extra ein Parfum-Flakon herstellen lassen, dessen Duft wir vorher im Vorstand ausgiebig getestet hatten. Das Endprodukt verkaufte sich auf der Convention wie warme Semmeln.

 

Als Präsidentin meines Clubs hatte ich unsere Partner-Clubs und befreundete Zontians am Rande der Convention zu einem Empfang in unser Haus am Rande von Paris eingeladen.  Unsere Club- Mitglieder brachten selbstgemachte Salate und Desserts mit. Baguette, Käse und Wein.  Mein Mann Peter und die ganze Familie halfen beim Grillen. Aber mit dem Ansturm von über 80 Zontians hatten wir doch nicht gerechnet. Ausser der Governor und ihrer Vice, der Foundation-Präsidentin, kamen Zontians

aus Rom, Südtirol, Prag, München, Berlin, Erlangern, Leipzig. Die Hamburger hatten extra einen Kleinbus gemietet. Unsere kleine Strasse war im Handumdrehen verstopft, denn die Delegationen bestanden meistens aus viel mehr Personen als angenommen. Doch dank des wunderbaren Sommerwetters verlief der Abend entspannend und erholsam, besonders nach den vielen Convention-Stunden im erstickenden Kongress-Saal. Ein kleines Romantik-Konzert mit Spinett, Klarinette und Querflöte auf unserer Terrasse versetzte die Gäste in eine andere Zeit. Den Nachwuchstalenten von "Zonta Futur" gelang es, diese kleine Zonta-Welt über alle Grenzen hinweg zu vereinen und zu  verzaubern.

 

Die persönlichen Verbindungen, die Zontians auf solchen Conventions knüpfen, sind unschätzbar. Ich habe in meinen 30 Jahren Zonta überall auf der Welt offene Zonta-Türen gefunden, ob in Wien, Brighton, Krems, Singapore, Hongkong und anderen Städten. Man fühlt sich sofort aufgenommen wie in einer grossen Familie. Die Erfahrungen, wie andere Clubs ihre Service-Projekte angehen, mit welchen örtlichen Problemen sie konfrontiert werden, sind so unterschiedlich und interessant, dass  allein aus diesem Grund die Teilnahme an solchen Kongressen eine Bereicherung ist.

 

Wenn ich noch von unseren Modenschauen mit Haute Couture (Nina Ricci, Olivier Lapidus), bekannten Künstler-Ateliers, die den Rahmen stellten für Vorträge (von Hochadel-Publizisten, aktuellen Buch-Autoren, Cyberspace-Experten usw.) erzählen sollte, würde dies den Rahmen sprengen - alles in allem eine aufregende Zeit, diese 30 Jahre bei Zonta International!

 

Als ich 1986 in den Z-Club "Paris I" eintrat, waren dort 43 Mitglieder. In Paris gab es 5 Clubs. Als ich 25 Jahre später nach Deutschland zurückzog, waren die Clubs auf drei geschrumpft. Irène Bellicard, Ex-Governor, und Yvonne Pernet, Ex-Präsidentin von "Paris I", hatten mich zuvor gebeten, die Fusion von "Paris Port Royal" und "Paris 1" in die Wege zu leiten. 2006 schloss sich damit der Kreis für mich. Nun war ich wieder mit meinen alten Freundinnen vereint. Damit niemand das Gesicht verlor, einigten wir uns auf den neuen Namen "Paris-Elysées". In dem Club blieb ich bis zu meiner Abreise aus Paris nach Aumühle.

 

Mein neuer deutscher Club, den ich nach meiner Rückkehr in Aumühle gründete, ist mittlerweile 5 Jahre alt. Er hat inzwischen 30 Mitglieder und gerade meine zweite Nachfolgerin inthronisiert, Heike Dienemann löste Hannelore von Trotha ab. Ich freue mich über unsere schönen Service-Projekte und Programme, vor allem über die Dynamik, das Gedeihen und den Zuspruch von Seiten des Zonta-Nachwuchses. Eine bessere Voraussetzung für ein langes Leben unseres Clubs gibt es nicht. Das wünsche ich mir und unserem ZC Aumühle-Sachsenwald.

 

Elisabeth Ruge

Gründungs-Präsidentin vom

Zonta-Club

Aumühle-Sachsenwald e.V.