Existenzsicherung, die eine Entfaltung erst richtig möglich macht
DM-Gründer Götz Werner trifft mit seinem Plädoyer für ein Grundeinkommen auf sehr großes Interesse / Offenburger Filiale spendet Einnahmen einer Stunde.
Überzeugungsarbeiter: Götz Werner Foto: Siefke
OFFENBURG. Mit Witz und querdenkender Tiefe hat Götz Werner seine Thesen vom bedingungslosen Grundeinkommen und dem damit verbundenen Menschenbild vorgetragen: Der Gründer der Drogeriekette DM kam auf Einladung des Serviceclubs Zonta Offenburg-Ortenau in den Salmen. Dass der 68-Jährige auf sein Honorar verzichtete, trug ihm gleich zu Beginn viel Beifall ein.
Selten war der Ort, an dem 1847 die 13 Forderungen des Volkes proklamiert wurden, so gut besucht wie am Mittwochabend. Um Grundrechte ging es auch 165 Jahre später: Das bedingungslose Grundeinkommen müsse so hoch sein, dass der einzelne Mitbürger damit menschenwürdig leben könne, so Werner. Die Basissicherung soll ermöglichen, sich losgelöst von Existenzangst ins Unternehmen Leben einzubringen. Unser Problem sei die Koppelung von Arbeit und Einkommen. Lediglich einer Beschäftigung nachzugehen, um damit Geld zu erwerben, mit seinem Job aber unglücklich zu sein das ist für den Unternehmer eine Katastrophe: "Was ist das für ein tristes Leben." Das Grundeinkommen sei keine "Stilllegungsprämie", wie Gewerkschaftler schon kritisierten. Mit der an nichts gekoppelten monatlichen Zahlung werde vielmehr signalisiert: "Wir setzen Vertrauen in Dich, zeige, was Du kannst."
Allerdings gebe es dann auch keine Ausreden mehr und kein Sich-Einrichten in einer Opferrolle. Jeder Einzelne müsse herausfinden, was er denn wirklich wolle. Wer denn dann die Drecksarbeit mache, wollte ein Zuhörer wissen. Die Aufgabe müsse nach wie vor darin bestehen, einen attraktiven Arbeitsplatz zu entwickeln oder eine entsprechende Maschine zu konstruieren, konterte Werner.
Der versierte Rhetoriker, der frei sprach und seinen Vortrag mit Anekdoten und Zitaten spickte, berief sich unter anderem auf Schiller, der bereits kurz nach Ausbruch der Französischen Revolution bekannte: "Der Mensch ist noch sehr wenig, wenn er warm wohnt und sich satt gegessen hat, aber er muss warm wohnen und satt zu essen haben, wenn sich die bessre Natur in ihm regen soll." Damit sei eigentlich alles gesagt. Noch sei das Grundeinkommen zwar eine Utopie, aber je mehr darüber gesprochen werde, desto eher könne daraus Wirklichkeit werden. Problematisch sei, dass die Menschen sich an Blickrichtungen gewöhnten und sie nicht mehr hinterfragten. Für Werner soll jeder ein Einkommen erhalten, um arbeiten zu können. Die Arbeit wiederum brauche man, um sich entwickeln zu können. Die Gefahr, mit dem Grundeinkommen ein Leben in der Hängematte zu forcieren, sieht Werner nicht.
Keine Gefahr eines Lebens in der Hängematte
Menschen seien im Gegensatz zu Tieren "ergebnisoffene Entwicklungswesen". Der Löwe, der jeden Tag ein halbes Lamm vorgesetzt bekomme, werde das Jagen verlernen. Der Mensch hingegen werde sich aufgrund der Existenzsicherung erst richtig entfalten können. Wichtig sei die Haltung der gegenseitigen Wertschätzung. Werner ist davon überzeugt, dass die Menschen in der Lage sind, etwas zu ändern. Notwendig sei eine neue Blickrichtung: "Mit dem Einkommen soll nicht die Vergangenheit abgerechnet, sondern die Zukunft ermöglicht werden." Konstruktive Unzufriedenheit mit den herrschenden Umständen führe dazu, dass Bewegung ins Spiel komme: "Wir dürfen unsere Macht nicht unterschätzen." Die große Resonanz auf den Vortrag zeige, dass nichts so stark sei wie eine Idee, deren Zeit gekommen sei, zitierte Werner den Franzosen Victor Hugo. Wer einen Kommentar zur Schlecker-Pleite erwartete, wurde enttäuscht: "Das ist nicht meine Aufgabe." Seine Aufgabe sei es hingegen, sein eigenes Unternehmen mit guten Ideen voran zu bringen. Dass er für ein gesundes Betriebsklima steht, zeigt die rege Teilnahme seiner Offenburger Mitarbeiterinnen an dem Vortrag.
Und dass das soziale Engagement des Unternehmers auch in Offenburg spürbar wird, zeigt eine für den 29. Februar angesetzte Aktion: In der Filiale in der Hauptstraße werden für eine Stunde die Einnahmen einer Kasse für zwei soziale Projekte zur Verfügung gestellt. Der Verein "SoNet - Soziales Netzwerk in der Oststadt" und das Marienhaus dürfen für je 30 Minuten eine Kasse besetzen und die Einnahmen behalten.